Dienstag, 8. Oktober 2013

Die Grösse ist entscheidend



Wenn nächste Woche die Ausstellung „Das schwache Geschlecht“ im Kunstmuseum Bern eröffnet, werden die von weiblichen Aktdarstellungen verwöhnten Besucheraugen zur Abwechslung mal wieder mit blutten Männern konfrontiert. In ihrem aktuellen Blogbeitrag thematisiert die Kuratorin Kathleen Bühler den Vorwurf, bei der Ausstellung handle es sich bloss um einen Vorwand, Männerakte auszustellen.

Dieser Vorwurf ist befremdlich. Spätestens nach einer Florenzreise sollte jedem klar sein, dass nackte Männer ebenso zur Kunstgeschichte gehören, wie die entblösste Frau. Trotzdem ist der Umgang mit dem nackten Mann befangener. „Die Simpsons“ widmeten dem Thema gar eine ganze Folge: Eine Ausstellung rund um Michaelangelos David endete in Zensur. An nackten Frauen in der Kunst stört sich hingegen kaum jemand, zumal die meisten Akte noch immer züchtiger daher kommen als der weibliche Cast von „Geordie Shore“.

Der Unterschied in der Wahrnehmung dürfte im biologischen Unterschied liegen: Auf den meisten Frauenakten ist das Intimste noch vor Blicken - Schamhaar sei Dank - geschützt. Ist dies nicht so, beispielsweise bei Gustave Courbets „L'origine du monde“, ist der Aufschrei mindestens so gross wie bei Darstellungen eines entblössten Glieds. Und auch dort gibt es Unterschiede: An den – verzeihen Sie den Ausdruck – Minipenissen der Renaissance scheiden sich die Geister heute weniger als an adäquaten Abbildungen. (Als ausgewachsene Exemplare 2012 Wiener Plakatwände zierten, um auf die Ausstellung „Nackte Männer“ im Leopold Museum hinzuweisen, waren es übrigens die Frauen, die Sturm liefen. Eigentlich verständlich, immerhin wissen die Männer ja, wie sie „unten rum“ aussehen...)

Ob lauter Aufschrei oder stille Verlegenheit: Die Konfrontation mit dem nackten Mann scheint heute gewöhnungsbedürftig und es ist gesellschaftlich eine interessante Frage, warum uns das Natürlichste manchmal so fremd erscheint. Ist diese Haltung anerzogen? Liegt es daran, dass wir heute die meiste Zeit über angezogen rumlaufen? Beziehungsweise daran, dass wir uns nackte Frauen aus den Medien gewohnt sind? Oder ist das männliche Geschlechtsorgan am Ende einfach doch nicht so schön anzuschauen? Antworten finden wir hoffentlich ab nächster Woche im Kunstmuseum Bern!

(Bild von Luis E. Melendez)

1 Kommentar:

  1. Zum letzten Absatz, ja es ist anerzogen wir von unseren Eltern, unsere Kinder von uns...
    Je kleiner sie sind desto weinger Scham besteht

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