Ich habe einen Traum
Schon als Kind baute ich mir unter meinem Schreibtisch mein Haus. Dort fühlte ich mich wohl. Eine Welt, in der ich meine Träume wahr werden liess. Eine Welt, in der alles möglich war.
Heute lebe ich in einem grossen, verlassenen Schloss. Mit einfachsten Mitteln habe ich es eingerichtet und bewohnbar gemacht. Eigentlich hat sich nicht viel verändert seit damals. Mein eigener, kleiner Lebensraum ist für mich existenziell, um meine Träume und meine Kunst zu realisieren.
Nun muss ich diesen Ort verlassen. Ich habe einen Traum. Ich denke an ein altes, verwunschenes Haus mit verwildertem Garten. Blaue Blumen, seltsam bitteres Gemüse und süsse Früchte. Die Fassaden verblichen, bröckelnder Kalk auf den Mauern. In den zahllosen Zimmern, Gängen, Nischen und Winkeln riecht es nach vergangenen Zeiten. Alte Tapeten mit Rosenmustern, knarrende Tannendielen, das dumpfe Echo einer schweren Tür im Keller, überall bizarre Schatten.
Von weit her klingt Musik. Es kommt von der Veranda. Da sind Stimmen, helles Lachen. Da sitzen Menschen an riesigen Tafeln – Kerzenschein in leuchtenden Augen. Ich schwebe durch Räume, Türen, Wände hinaus in die Weite des Parks, wo Eichhörnchen synchrones Ballett tanzen und Hände und Münder sich in Begehrlichkeiten und Leidenschaften verlieren. Ich durchschwimme mein Haus und die Menschen, als wäre die Welt ein Aquarium und das Leben ein atemloser Traum.
Worte bleiben ungefähr – meine Träume sind unsagbar und deshalb unerhört. Doch wer will, kann sich in sie hinein verirren, sie in meinem Haus entdecken, heute morgen, immer wieder – sie miterleben für die halbe Ewigkeit zwischen zwei Herzschlägen. Traumhaft, zeitlos, wortlos, spürbar, wandelbar.
Treten Sie ein, die Tür steht offen.
„Best of“-Ausstellung im Schloss Kiesen: 28. Mai bis 3. Juli. Die Besichtigung der Ausstellung ist immer Samstags in Kombination mit einem von der Künstlerin zubereiteten Diner möglich. Ausstellung ab 17h, Diner 19h, Kosten Fr. 48.–. Anmeldung obligatorisch unter 031 311 21 90 (Namen und Telefonnummer hinterlassen).
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