Bald wird es kälter und dann zieht man es wieder vor, sich in der warmen Stube eine DVD anzuschauen statt in der kühlen Aare zu schwimmen. Natürlich dürfen sich auch Kunstinteressierte für „Stirb langsam“, „Star Wars“ oder die Louis-de-Funès-Collection begeistern. Ab und zu muss es dann aber schon ein Künstlerfilm sein. Hier eine Auswahl mit unserer – wie immer total objektiven – Bewertung: ***** (Meisterwerk) / **** (Sammlerstück) / *** (Ausstellungsplakat) / ** (Machwerk) / * (Malen nach Zahlen)
„Downtown 81“ (1981) **
Jean Michel Basquiat wandert durch die Strassenschluchten von New York und versucht ein Bild zu verkaufen. Dabei begegnen ihm schräge Gestalten aus der Musik-, Kunst- und Graffitiszene. Und die Yuppies der Achtzigerjahre bekommen ordentlich ihr Fett weg. Die Szenen wirken leider etwas gar willkürlich aneinandergereiht. Aber am Ende haben die Zuschauer das Gefühl, selber einen Tag lang in den Achtzigern herumgeirrt zu sein – in Begleitung eines ausserordentlichen Künstlers noch dazu.
„Exit through the giftshop“ (2010) *****
Vielleicht ist es ein Dokfilm über den britischen Strassenkünstler Banksy. Vielleicht ist es ein Dokfilm von Banksy über die Streetartszene. Vielleicht ist es ein Film von Streetartkünstlern für Banksy. Wer weiss das schon so genau. Klar ist einzig: Der Film, der dieses Jahr für einen Oscar nominiert war, begeistert so oder so. Er liefert Einblicke in eine kreative Untergrundszene und am Ende glaubt man gar, Banksy näher gekommen zu sein. Spätestens dann sollte man aber einsehen, dass man dem unbekannten Engländer einmal mehr auf den Leim gegangen ist.
„Frida“ (2002) ****
Der Film zeigt das Leben der unsterblichen Frida Kahlo mit der mexikanischen Actrice Salma Hayek in der Hauptrolle. Es liegt nicht nur an den zusammengewachsenen Augenbrauen, dass Hayek die Kahlo nicht nur spielt, sondern lebt. Mit ihrem leidenschaftlichen Schauspiel fesselt sie die Zuschauer; die Regisseurin Julie Taymor schafft dies mit surrealistischen Sequenzen, welche die Bildsprache von Kahlos Gemälden aufnehmen.
„Fur“ (2006) *
Was kann schief laufen, wenn sich die Hollywoodgöttin Nicole Kidman und der schelmische Robert Downey jr. auf der Leinwand treffen? Leider alles. Das imaginäre Porträt der US-Fotografin Diane Arbus ist wirr und abstrus, wirkt langatmig und leider ohne Aussage. Einziger Grund einzuschalten: Robert Downey im Ganzkörperpelz – wann gibt’s sonst schon so was?
„Girl with a Pearl Earring“ (2003) ****
In diesem Film geht es nicht um das Leben von Vermeer, sondern um die Erschaffung seines titelgebenden Gemäldes. Colin Firth als introvertierter Künstler und die damals noch wenig bekannte Scarlette Johansson als mittellose Muse ergeben ein überzeugendes Gespann, dass mit viel Gespür für subtiles Schauspiel durch den Film führt. Eine schöne Geschichte, wie es hätte sein können.
„Klimt“ (2006) **
Ähnlich wie bei „Frida“ will der Regisseur Raoul Ruiz durch surreale Elemente die Bildsprache des Films jener der Gemälde Gustave Klimts annähern. Dies gelingt nur bedingt: Der Film ist langweilig und wenig bleibt haften, dies, obwohl der unvergleichliche John Malkovich in die Rolle des österreichischen Malers geschlüpft ist. Die Deutschen dürfen sich freuen: Vollweib Veronica Ferres spielt die Muse des Malers.
„Lust for Life“ (1956) ****
Kirk Douglas spielt Van Gogh und das bedeutet, dass er anderthalb Stunden auf der Leinwand leiden muss. Zuerst, weil ihm sein Job in einer Minenstadt emotional und körperlich zusetzt. Dann, weil er verarmt um sein Künstlerdasein fürchten muss. Und am Ende kämpft er auch noch mit seinem Freund Paul Gaugin, der ihm einen Teil des Ohrs wegschneidet. Ein klassisches Biopic, das vor allem dank Anthony Quinn als Lebemann Gaugin gefällt.
„Moulin Rouge“ (2001) ****
Hierbei handelt es sich zwar nicht um einen typischen Künstlerfilm, aber die Figur des Toulouse-Lautrec kommt genug prominent vor, um an dieser Stelle erwähnt zu werden. Lautrec gehört zur Entourage des Schriftstellers Christian, der an die wahre Liebe glaubt – und meint, diese in der sterbenskranken Prostituierten Satine gefunden zu haben. John Leguizamo spielt den Künstler so überdreht und zugespitzt, wie sich der ganze Film präsentiert. Dabei hängt er an der Absinth-Flasche, was ja auch dem echten Lautrec nachgesagt wird.
„Pollock“ (2000) *****
Was wäre diese Liste ohne „Pollock“? Eben. Das Bild wie Ed Harris mit einer Kippe im Mundwinkel über der riesigen Leinwand steht und ungehemmt Farbe draufspritzt, ist schon jetzt ein Klassiker. Doch die Faszination des Films macht erst das Zusammenspiel mit seiner Partnerin Marcia Gay Harden aus. Zusammen spielten sie sich in die höchsten Schauspielsphären hinauf, wo es schliesslich Oscars regnete. Schräge Nebenrolle: Val Kilmer noch ohne Übergewicht, dafür mit blonder Tolle und Colgate-Lächeln als Willem De Kooning.
„Séraphine“ (2008) *****
Müssten wir an dieser Stelle unser Lieblings-Künstlerbiopic benennen, fiele die Wahl wohl auf „Séraphine“, in dem die wunderbare belgische Schauspielerin Yolande Moreau die Art-Brut-Meisterin darstellt und dafür mit einem César ausgezeichnet wurde. Weitere sechs der begehrten französischen Filmpreise konnte der Streifen in Empfang nehmen. Im Film erhalten die Zuschauer Einblick in das Leben der frommen Magd Séraphine Louis, die sich vom spärlichen Lohn Malutensilien kauft und farbintensive, ornamentale Baum-, Blumen- und Landschaftsbilder schafft.
„The Mill and the Cross“ (2011) ***
Für den neusten Künstlerfilm, der bald auch in Schweizer Kinos anläuft, schlüpft der ehemalige Haudegen Rutger Hauer in die Rolle des niederländischen Malers Pieter Bruegel. Gezeigt wird anhand dialogarmer Szenen, was auf seinem Gemälde „Die Kreuztragung Christi“ von 1564 dargestellt ist. Eine langatmige Stilstudie, welche die Zuschauer mit ihrer unverschönten, gewaltvollen Realität aufrüttelt.
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