Samstag, 25. Oktober 2014

Sind Leichenbilder ok?

Liebe Kunstfreunde,

lasst uns für einmal über etwas Ernstes reden. Die aktuelle Kunstmuseumsausstellung "Im Hier und Jetzt!" zeigt auf dem Ausstellungsplakat eine Fotocollage von Thomas Hirschhorn. Diese besteht zur Hälfte aus dem Abbild eines Supermodel, zur anderen aus dem Bild eines erschossenen Kriegsopfers. Nun erreichte uns folgender Leserkommentar:

"mich kotzt das ausstellungsplakat an. jeden tag mit zwei kleinkindern an der liegenden tussi vorbei, geht halt nicht anders, das blöde plakat hängt vor unserr tür, darunter die leiche im dreck mit loch im kopf. typische belehrungsäfferei vollgefressener europäer mit sattekel an der gesellschaft, und dabei sicher noch hochsubventioniert. und meine kinder müssen sich das im öffentlichen raum ansehen. man merkt eben, dass manche "kuratoren" doch eher verantwortungslos sind. dabei ist ja nichts auszusetzen, wenn solches grauen halt im museum gezeigt wird - abr auf plakaten ist das echt superdaneben."

Der Ton ist etwas wutbürgerlich, aber die Frage, die unser anonym bleiben wollender Leser oder Leserin aufwirft, ist tatsächlich eine Überlegung wert: Sollte ein solches Kunstwerk im öffentlichen Raum zugänglich gemacht werden, während zum Beispiel Massenmedien dem Kodex folgen, keine Leichen abzubilden (und wenn sie es wie im Fall Saddam Hussein doch tun, löst dies eine riesige Ethik-Debatte aus)?

Wir würden uns über eine fruchtbare Diskussion in den Kommentaren oder auf Facebook freuen, zu der natürlich auch oder gerade Kuratorinnen und Kuratoren eingeladen sind. Aber bitte ohne wutbürglichen Ton. Als Diskussionsgrundlage hier besagtes Plakat:

1 Kommentar:

  1. Wie wünscht Ihr es denn? Erstens seid ihr selbst anonym, warum sollte ein Kommentator sich dann outen? Zweitens wird man für eine Meinung, die dem Menschenverstand entspringt, schnell verunglimpft. Von wegen Freiheit der Kunst, Thematisierung gesellschaftlicher Missstände, Realitätsbezug generell, was man ja anscheinend alles ablehnt, übt man Kritik an so billig-plakativen Bildfindungen wie denen Hirschhorns, was drittens dokumentiert wird dadurch, dass die Kommentarschreiberin als "Wutbürgerin" tituliert wird. Diese Sammelbezeichnung entspringt der reaktionärsten Stuttgarter Bourgeoise, Stichwort "Stuttgarter Bahnhof", und man wird da gleich in die Ecke verschrobener Baumumarmer und Heile-Welt-Sucher gestellt, die sich eben nicht schaffen, sich auf wichtige gesellschaftliche Fragestellungen einzulassen, wie ach so avantgardistische Künstler sie diktieren. Vergessen wird dabei, dass man ja selber mal fünfzehn war, ein Alter, in dem man genau die Collagen gemacht hat, die heute ausgestellt werden, die aber bei einem selber nicht ausreichten, um an der Kunsthochschule aufgenommen zu werden.

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