Donnerstag, 13. Oktober 2011

Wir sind Fleisch!


Heute erhielten die Kultussen von Kuratorin Kathleen Bühler eine charmante Führung durch die noch nicht aufgebaute Ausstellung "Mysterium Leib. Berlinde De Bruyckere im Dialog mit Lucas Cranach und Pier Paolo Pasolini" im Kunstmuseum Bern. Die belgische Künstlerin De Bruyckere schafft Plastiken, die unangenehm berühren und uns deutlich vor Augen führen: Wir sind Fleisch und äusserst verletzlich. Gleichzeitig sind ihre Figuren von faszinierender formaler Schönheit - genau wie Pasolinis Filme und ...


Lucas Cranach Schmerzensmann von 1515, dessen Inkarnat und Haltung De Bruyckere inspiriert.


Kathleen Bühler hat gut Lachen: Die Post hat nicht versagt und alle Werke pünktlich geliefert.


Der Techniker gefällt sich in Rambo-Pose und installiert schon mal den Projektor. In dieser Dunkelkammer werden bald die Filme "Theorem" und "Das 1. Evangelium-Matthäus" von Pier Paolo Pasolini zu sehen sein. Politische Allegorien, in denen Körperlichkeit und Gewalt eine wichtige Rolle spielen.


Dieser Sockel ist nicht von Beuys, sondern nur zum Schutz in Filz eingepackt. Bald wird eine von De Bruyckeres Figuren auf ihm sitzen. Für die Künstlerin sind die Stützen und Vitrinen in denen sie ausstellt wichtige Elemente, "Objet trouvés", die sie überall auf der Welt aufstöbert.

Fuss voran: Wir freuen uns auf baldige  Enthüllung. Vernissage: Donnerstag, 20.Oktober, 18.30 Uhr. Ausstellung: Bis am 12. Februar 2012 im Kunstmuseum, Bern. www. kunstmuseumbern.ch


Fazit: Diese Kunst geht unter die Haut.

Tipps für herbstliche DVD-Abende

Bald wird es kälter und dann zieht man es wieder vor, sich in der warmen Stube eine DVD anzuschauen statt in der kühlen Aare zu schwimmen. Natürlich dürfen sich auch Kunstinteressierte für „Stirb langsam“, „Star Wars“ oder die Louis-de-Funès-Collection begeistern. Ab und zu muss es dann aber schon ein Künstlerfilm sein. Hier eine Auswahl mit unserer – wie immer total objektiven – Bewertung: ***** (Meisterwerk) / **** (Sammlerstück) / *** (Ausstellungsplakat) / ** (Machwerk) / * (Malen nach Zahlen)


„Downtown 81“ (1981) **


Jean Michel Basquiat wandert durch die Strassenschluchten von New York und versucht ein Bild zu verkaufen. Dabei begegnen ihm schräge Gestalten aus der Musik-, Kunst- und Graffitiszene. Und die Yuppies der Achtzigerjahre bekommen ordentlich ihr Fett weg. Die Szenen wirken leider etwas gar willkürlich aneinandergereiht. Aber am Ende haben die Zuschauer das Gefühl, selber einen Tag lang in den Achtzigern herumgeirrt zu sein – in Begleitung eines ausserordentlichen Künstlers noch dazu.

„Exit through the giftshop“ (2010) *****

Vielleicht ist es ein Dokfilm über den britischen Strassenkünstler Banksy. Vielleicht ist es ein Dokfilm von Banksy über die Streetartszene. Vielleicht ist es ein Film von Streetartkünstlern für Banksy. Wer weiss das schon so genau. Klar ist einzig: Der Film, der dieses Jahr für einen Oscar nominiert war, begeistert so oder so. Er liefert Einblicke in eine kreative Untergrundszene und am Ende glaubt man gar, Banksy näher gekommen zu sein. Spätestens dann sollte man aber einsehen, dass man dem unbekannten Engländer einmal mehr auf den Leim gegangen ist.

„Frida“ (2002) ****

Der Film zeigt das Leben der unsterblichen Frida Kahlo mit der mexikanischen Actrice Salma Hayek in der Hauptrolle. Es liegt nicht nur an den zusammengewachsenen Augenbrauen, dass Hayek die Kahlo nicht nur spielt, sondern lebt. Mit ihrem leidenschaftlichen Schauspiel fesselt sie die Zuschauer; die Regisseurin Julie Taymor schafft dies mit surrealistischen Sequenzen, welche die Bildsprache von Kahlos Gemälden aufnehmen.

„Fur“ (2006) *

Was kann schief laufen, wenn sich die Hollywoodgöttin Nicole Kidman und der schelmische Robert Downey jr. auf der Leinwand treffen? Leider alles. Das imaginäre Porträt der US-Fotografin Diane Arbus ist wirr und abstrus, wirkt langatmig und leider ohne Aussage. Einziger Grund einzuschalten: Robert Downey im Ganzkörperpelz – wann gibt’s sonst schon so was?

„Girl with a Pearl Earring“ (2003) ****

In diesem Film geht es nicht um das Leben von Vermeer, sondern um die Erschaffung seines titelgebenden Gemäldes. Colin Firth als introvertierter Künstler und die damals noch wenig bekannte Scarlette Johansson als mittellose Muse ergeben ein überzeugendes Gespann, dass mit viel Gespür für subtiles Schauspiel durch den Film führt. Eine schöne Geschichte, wie es hätte sein können.

„Klimt“ (2006) **






Ähnlich wie bei „Frida“ will der Regisseur Raoul Ruiz durch surreale Elemente die Bildsprache des Films jener der Gemälde Gustave Klimts annähern. Dies gelingt nur bedingt: Der Film ist langweilig und wenig bleibt haften, dies, obwohl der unvergleichliche John Malkovich in die Rolle des österreichischen Malers geschlüpft ist. Die Deutschen dürfen sich freuen: Vollweib Veronica Ferres spielt die Muse des Malers.

„Lust for Life“ (1956) ****

Kirk Douglas spielt Van Gogh und das bedeutet, dass er anderthalb Stunden auf der Leinwand leiden muss. Zuerst, weil ihm sein Job in einer Minenstadt emotional und körperlich zusetzt. Dann, weil er verarmt um sein Künstlerdasein fürchten muss. Und am Ende kämpft er auch noch mit seinem Freund Paul Gaugin, der ihm einen Teil des Ohrs wegschneidet. Ein klassisches Biopic, das vor allem dank Anthony Quinn als Lebemann Gaugin gefällt.

„Moulin Rouge“ (2001) ****

Hierbei handelt es sich zwar nicht um einen typischen Künstlerfilm, aber die Figur des Toulouse-Lautrec kommt genug prominent vor, um an dieser Stelle erwähnt zu werden. Lautrec gehört zur Entourage des Schriftstellers Christian, der an die wahre Liebe glaubt – und meint, diese in der sterbenskranken Prostituierten Satine gefunden zu haben. John Leguizamo spielt den Künstler so überdreht und zugespitzt, wie sich der ganze Film präsentiert. Dabei hängt er an der Absinth-Flasche, was ja auch dem echten Lautrec nachgesagt wird.

„Pollock“ (2000) *****

Was wäre diese Liste ohne „Pollock“? Eben. Das Bild wie Ed Harris mit einer Kippe im Mundwinkel über der riesigen Leinwand steht und ungehemmt Farbe draufspritzt, ist schon jetzt ein Klassiker. Doch die Faszination des Films macht erst das Zusammenspiel mit seiner Partnerin Marcia Gay Harden aus. Zusammen spielten sie sich in die höchsten Schauspielsphären hinauf, wo es schliesslich Oscars regnete. Schräge Nebenrolle: Val Kilmer noch ohne Übergewicht, dafür mit blonder Tolle und Colgate-Lächeln als Willem De Kooning.

„Séraphine“ (2008) *****

Müssten wir an dieser Stelle unser Lieblings-Künstlerbiopic benennen, fiele die Wahl wohl auf „Séraphine“, in dem die wunderbare belgische Schauspielerin Yolande Moreau die Art-Brut-Meisterin darstellt und dafür mit einem César ausgezeichnet wurde. Weitere sechs der begehrten französischen Filmpreise konnte der Streifen in Empfang nehmen. Im Film erhalten die Zuschauer Einblick in das Leben der frommen Magd Séraphine Louis, die sich vom spärlichen Lohn Malutensilien kauft und farbintensive, ornamentale Baum-, Blumen- und Landschaftsbilder schafft.

„The Mill and the Cross“ (2011) ***

Für den neusten Künstlerfilm, der bald auch in Schweizer Kinos anläuft, schlüpft der ehemalige Haudegen Rutger Hauer in die Rolle des niederländischen Malers Pieter Bruegel. Gezeigt wird anhand dialogarmer Szenen, was auf seinem Gemälde „Die Kreuztragung Christi“ von 1564 dargestellt ist. Eine langatmige Stilstudie, welche die Zuschauer mit ihrer unverschönten, gewaltvollen Realität aufrüttelt.


Mittwoch, 12. Oktober 2011

Kunst erobert das Marzili


Rolf Zumstein Organisator der 3. Edition der Schweizer Skulpturenausstellung "Jetzt Kunst" hat die Koffer gepackt, bzw sich zwischen der freidimensionalen Skulptur von Max Grüter im schönsten aller Freibäder, dem Marzili positioniert.

Die  Kultussen haben sich gefragt: Wo fängt die Kunst an und wo hört das Bad auf? Finden Sies raus!
Gruppe 1: Wo versteckt sich das Kunstwerk von Alfonso Hüppi?


 Gruppe 2: Was gehört zum Arbeitsmaterial des Plankton Forschers und Künstlers Marc Zeier  und was nicht?


Live erforschen im Marzilibad. Infos unter http://www.jetztkunst.ch/

Montag, 10. Oktober 2011

Louise Bourgeois-Moment im Yamatuti


Die echten Werke der Grande Dame der bildenden Kunst gibt es noch bis am 8.1.2012 in der Fondation Beyeler in Riehen zu sehen. www.fondationbeyeler.ch

Sonntag, 9. Oktober 2011

Chantal Michel


Auch Feen ziehen manchmal um. Die Foto- und Performancekünstlerin Chantal Michel lebt nun nicht mehr auf Schloss Kiesen sondern in der Villa Gerber in Thun. Trotz Werbeverbot hier ein kleiner Hinweis:

Die Künstlerin veranstaltet  jeden Samstag einen Flohmarkt von 10-16 Uhr. Designmöbel, Krimskrams, Kleider Requisiten - schöne oder kuriose Dinge aus dem Fundus der Künstlerin, die sie selbst laufend ansammelt und dann wieder aufräumt gibt es zu erstehen. Meistens findet während des Flohmarkts eine musikalische oder andersartige Performance von Gastkünstlern statt. Zurzeit ist Chantal Michel gerade mit Alphornbläsern im Gespräch... Am Abend erwartet die geladenen Gäste   (Anmeldung obligatorisch!) ein Essen - je nach Anzahl Leuten kann das ein tête à tête mit fünf Gängen oder ein Fondue im Keller mit einer grösseren, zwischen Videoprojektionen gestuhlten Gästeschar sein. Die Kultussen haben Kürbissuppe, Orechiete als Pesto und Kuchen genossen.


Und wer schon auf Schloss Kiesen war weiss: Chantals Kuchen ist  ein Kunstwerk für sich. Oder haben sie schon mal einen so perfekt bestäubten Guggelhopf gesehen?


Das uns die ganze Zeit ein Fuchs beobachtet hat wurde uns erst am Ende des Abends klar. Aber so ist das eben bei Chantal Michel. Das Liebliche, Grossmütterliche ist genau wie in einem Grimmschen Märchen immer ganz nahe beim Abgründig-Grotesken. www.chantalmichel.ch

Samstag, 8. Oktober 2011

Schrei, wenn du kannst!


Ausschweifende Feste gehören seit jeher zum Kunstbetrieb. Im Alkoholrausch ist schon so manchem Kunstschaffenden die zündende Idee für ein Meisterwerk gekommen. Eines davon hat jetzt den Weg zurück zum Alkohol gefunden: Munchs Schrei. Als Eiswürfel kühlt er nicht nur den Aperitif, sondern dient auch gleich noch der Inspiration. Cheers!

Freitag, 7. Oktober 2011

Was tun bei Kälteeinbruch?


Als erstes die Vorratskammer inspizieren: Haben Sie auch wirklich für den Winter vorgesorgt?


Garten oder Balkon können Sie jetzt getrost sich selbst überlassen


Wie wärs mit einem Spaziergang durch das Nebelmeer?  Rülpsen sie nach Herzenslust. Sieht Sie ja niemand.


Jetzt dürfen Sie es wagen  Pelz zu tragen ausser Sie gehen lieber nackt oder so.


Warum nicht mal einen Harfenspieler (so etwas wie eine männliche Geisha) bestellen und mit Freundinnen einen Abend zu Hause geniessen?


Dunkel ist es jetzt sowieso. Deshalb laden Sie Leute ein und demonstrieren Sie Ihre neusten  wissenschaftlichen Erkenntnisse (für Nerds) oder halten Sie eine spirituelle Sitzung (für Frivole) ab.

Gertsch-Moment im Kitchener


Berns Traditionsladen hat zwar herbstliche Mode in den Regalen, an der Wand hängt aber nicht das originale Herbstbild von Franz Gertsch. Dieses und die anderen Jahreszeitenbilder sind bis am 4. März 2012 im Museum Franz Gertsch in Burgdorf ausgestellt.

Mittwoch, 5. Oktober 2011

Die Geduldsprobe im ZPK

 

Das Zentrum Paul Klee strapaziert in der aktuellen Ausstellung "Eiapopeia" die Geduld seiner kleinsten Besucher: Mitten im Ausstellungsraum steht ein wunderschönes, antikes Karussell, das jedoch nicht betreten werden darf. Es dreht nicht vor-, sondern rückwärts und dies in Zeitlupentempo. So langsam, das eine Umdrehung ganze 45 Minuten in Anspruch nimmt. Selbst beim Zuschauen dürfte es den Kindern also schnell einmal langweilig werden. Bleibt zu Hoffen, dass die Zeichnungen Klees, die sich alle ums Thema Kind drehen, die kleinen Besucher genug unterhalten. Sonst dürfte der Ausstellungsbesuch für die Eltern zur Geduldsprobe werden. Ausser für jene, die ihren Nachwuchs sowieso im Kindermuseums Creaviva abgeben - und wer weiss, vielleicht tritt ja das eine oder andere Kind später mal in Klees Fussstapfen.

"Eiapopeia", bis am 11. März 2012, Zentrum Paul Klee

Montag, 3. Oktober 2011

Museumspersonal im Fokus VI: Der Detailprediger

Es gibt Leute, die schwören auf sie, andere würden sich nie im Leben darauf einlassen: eine Museumsführung. Nach gefühlten 1000 Führungen sind sich die Kultussen einig: Wenn jene Person, die durch die Ausstellungsräume lockt, viel weiss und dieses Wissen konsumgerecht vermitteln kann, lohnt sich ein entsprechender Rundgang. Auf einem solchen kann aber auch vieles schief laufen. Zum Beispiel, wenn die Besucher nur abgedroschene Floskeln zu hören kriegen, die sie genauso gut einem 5-Franken-Künstlerbiografiebüchlein aus dem Ex Libris entnehmen könnten. Oder wenn zu leise oder zu schnell gesprochen wird. In unserem heutigen Beitrag gehen die Kultussen aber auf eine andere Spezies der Kunstvermittler ein: den Detailprediger und die Detailpredigerin. Sie schaffen es, selbst eine Führung, die nur an zehn Bildern vorbeiführt, auf einen deistündigen Besuch auszubauen. Zu jedem. Einzelnen. Bild. haben sie etwas zu sagen: zum Stil, zum Sujet, zur gesundheitlichen Situation des Künstlers, als er das Bild gemalt hat. Zu dessen familiären Situation. Zur Beschaffenheit des Pinsels. Zur Zusammensetzung der Farbe. Und - dann, wenn die Besucher glauben, zum nächsten Bild schreiten zu können - holt der Detailprediger aus und erklärt auch noch, was alle anderen Künstler zur selben Zeit in ihren Ateliers gemalt haben - und mit welchen Pinseln und Farben und Frauen und Modellen und Drogen und Katzen und - ups, jetzt haben wir doch glatt den Faden verloren. Zurück zum Detailprediger: Eine solche Führung könnte trotz allem gut gelingen, dann nämlich, wenn kurze Pausen eingeplant wären. Ein kleiner Snack zwischen Raum eins und zwei, ein Kaffee zwischen Raum zwei und drei, hie und da mal absitzen... Da dies meistens nicht der Fall ist, verlor eine Kultusse schon mal das Bewusstsein im Museumsraum und musste dann mit Orangenjus aufgepeppelt werden (an dieser Stelle ein lieber Dank an das Cafeteriapersonal). Zu viel Wissen führt eben zu Ohnmacht.