Donnerstag, 15. September 2011

Der Kulturjournalismus ist tot - lang lebe der Kulturjournalismus!

Die Kultussen haben heute einmal mehr gelesen: „Die Qualität des Kulturjournalismus hat abgenommen.“ Nun ja, das liest man seit Jahrzehnten immer wieder – die Gründerväter (und wenigen –mütter) des Kulturjournalismus drehen sich wohl schon jahrzehntelang in ihren Gräbern herum. Einer der wichtigsten Kritikpunkte, der auch an Podiumsdiskussionen immer wieder laut ausgesprochen wird, ist die fehlende kritische Haltung von Kulturjournalisten. Alles sei nur noch Infotainment, echte Kritik fehle in den meisten Fällen.
Wenn wir uns täglich über die Schweizer Tageszeitungen hermachen, finden wir allerdings immer wieder „traditionelle“ Kritiken. Womöglich lesen die ewigen Nörgler diese Blätter aber gar nicht richtig durch, sondern kritisieren lieber, weil sich dies in der Zeit der Boulevardisierung halt so gehört. Wer nicht kritisiert, liest am Ende noch den Blick – das geht ja gar nicht, oder?
Ein bisschen Selbstreflexion wäre vor allem von Seiten der Kulturschaffenden erwünscht. Denn nicht selten ernten Kultussen wie wir böse Schelte, wenn sie es denn mal wagen, kritisch zu schreiben. Dann heisst es immer gleich: „Also ich bevorzuge den New Journalism.“ Oder dann sind die Schreiberlinge gleich „inkompetent“, denn wer ausser dem Künstler selbst kann schon die Qualität seines Werks richtig einschätzen? Eben.
Bevor man also den Kulturjournalismus einmal mehr geistig beerdigt, könnte man doch auch einfach froh sein, dass es ihn überhaupt noch gibt. Und, bleiben wir journalistisch objektiv: Genauso, wie nicht alle Kulturartikel gelungen sind, genausowenig überzeugen alle geschaffenen Kunstwerke. Das sollte man trotz New Journalism und Boulevardisierung schreiben dürfen – ohne gleich davon auszugehen, dass die Qualität in der Kunst abgenommen hat.

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