Mittwoch, 3. April 2013

Ein Müllsack, der Oppenheim-Brunnen und die Vox Populi


Ist das Kunst im öffentlichen Raum? Die Kultussen sind sich nicht sicher. Immerhin hat die vor einem Jahr ins Leben gerufene Kommission für Kunst im öffentlichen Raum der Stadt Bern die Absicht, in Zukunft nur noch ephemere Werke anzukaufen. Dies bestätigt die Kommissionsleiterin in diesem Interview. Auch die Tatsache, dass der Sack bloss eine Stunde lang an der Fassade hing, beantwortet die Frage nicht. Denn es könnte sich ja um ein sehr, sehr schnell vergängliches Kunstwerk handeln.

Im Zentrum der Diskussion um Kunst im öffentlichen Raum steht ja zurzeit der sanierungsbedürftige Oppenheim-Brunnen auf dem Waisenhausplatz. Auch darüber berichten die Medien – nachzulesen beispielsweise hier. Wer auf den Link klickt, gelangt unweigerlich auch zu einer Onlineumfrage, ob der Brunnen überhaupt gefällt oder nicht. Dies rief unlängst mehrere Kolleginnen und Kollegen auf den Plan, die sich enervierten, dass man ein solches Werk gar nicht in Kategorien wie schön und unschön einzuteilen habe. Ideologisch gesehen haben sie natürlich Recht und auf einer kunsttheoretischen Ebene spielt es keine Rolle, ob ein Werk schön ist oder nicht. Aber wie sagte schon Meret Oppenheim? „Man soll den Leuten das hinstellen, was ihnen Freude macht.“


Da nun mal Dinge, die wir als schön empfinden mehr Freude bereiten als solche, die wir subjektiv als unschön betrachten, liegt es auf der Hand, dass in einer Diskussion um den Oppenheim-Brunnen zwangsläufig die Frage nach dem Gefallen fällt. Diese Konfrontation mit dem öffentlichen Geschmack ist durchaus angestrebt von der Künstlerin und führt ja nicht dazu, dass der Brunnen, bloss weil er polarisiert, auf ein braves Niveau zurücksaniert werden muss.

Wenn man der Vox Populi das Schön-Unschön-Denken streitig macht, trägt man indirekt zu jenem elitären Diskurs bei, der die Kunst in der öffentlichen Wahrnehmung immer wieder in Verruf bringt. Jede und jeder darf eine Meinung zu Kunst haben, darf einen Brunnen als schön oder hässlich bezeichnen. Die wissenschaftliche Einordnung eines Werks findet ja auf einer anderen Ebene statt. In diesem Sinne: Uns gefällt der Oppenheim-Brunnen. Oder wie sagt man heute? I like!

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